Historischer Herfurth'scher Landschaftspark

Parkplan 1931

Der Leipziger Konsul und Zeitungsverleger Paul Herfurth erwarb Ende des 19. Jahrhunderts den südlichen Teil des ehemaligen Guts Raschwitz, um dort seinen Landsitz zu errichten. Wie viele weitere durch Handel und Fabriken zu Wohlstand gekommene Vertreter des Leipziger Bürgertums konnte er neben seiner Stadtvilla (heute Galerie für zeitgenössische Kunst in der Karl-Tauchnitz-Straße in Leipzig) in ländlicher Idylle ab 1890 einen Sommersitz mit ausgedehnter Parkanlage errichten.

Herfurthscher-Park-Musenallee-Richtung-Villa,agra-Park

Bis 1905 entstanden dafür drei Wohngebäude: die im neoklassizistischen Stil gehaltene Herfurthsche Villa (das heutige Weiße Haus) als Hauptwohngebäude, das später durch den Krieg zerstörte „Kleine Haus Raschwitz“ an der heutigen Raschwitzer Straße als Nebengebäude für den Sohn und östlich davon das „Schweizer Haus“ (heute Physiotherapie) wahrscheinlich als Gesindehaus. Bei der Gartengestaltung des ursprünglich nur bis zur Pleiße reichenden Villengartens nahm sich Herfurth das klassisch-antike Landschaftsideal zum Vorbild, fügte Parkteiche, Brücken, Wasserspiele, Tempel ein und platzierte lebensgroße sandsteinerne Plastiken an dominanten Punkten. Dieses ästhetische Gesamtkunstwerk aus ausgedehnten Wiesen, markanten Baumgruppen, geschwungenen Wegen, durchfließender Pleiße, Teichen sowie gestalterischen Elementen wie Tempel, Brunnenrondell und Pergola ist trotz mehrfacher Umgestaltungen bis heute erhalten. Der Herfurth'sche Landschaftspark ist ein in der Leipziger Umgebung nur noch selten anzutreffendes Beispiel für die typischen herrschaftlichen Landsitze der Gründerzeit und die dabei erfolgte Umgestaltung der Auenlandschaft in großflächige Parkanlagen.

Luftbild von Süden, um 1920

In den 1920er Jahren dehnte er den Park über den Flusslauf der Pleiße hinaus bis auf Dölitzer Flur aus und stellte eine Verbindung zu den Anlagen des Dölitzer Schlossgartens her. Bis zur Enteignung 1945 war die Herfurthsche Villa Treffpunkt von Künstlern und kunstsinniger Leipziger Bürger.

1946 veranstaltete die Stadt Markkleeberg auf dem Rathausplatz als erste Stadt Deutschlands nach dem Krieg eine Gartenbauausstellung. Schon im Folgejahr erwies sich das Gelände für die inzwischen 200.000 Besucher als zu klein. Die Veranstalter erhielten von der Sowjetischen Militäradministration die Erlaubnis, die Ausstellung im ehemaligen Herfurthschen Park durchzuführen. Von 1949 bis 1959 fanden die Gartenbauausstellungen der DDR im Parkgelände statt. Die Bezeichnung agra-Park erhielt die Anlage erst im Zuge der agra-Landwirtschaftsausstellungen, die ab 1952 im Park, in den Folgejahren auf dem neu errichteten, benachbarten  agra-Ausstellungsgelände (heute agra-Veranstaltungsgelände) durchgeführt wurden. Zu dieser Zeit verschwand die Bezeichnung „Herfurthscher Landschaftspark“ aus dem Sprachgebrauch.

Ausstellungsgelände auf der Großen Wiese, 1953

Nach der Verlegung der Gartenbauausstellung 1960 nach Erfurt wurde der ehemalige Herfurthsche Park bis zur Mühlpleiße zu einem Erholungspark für Freizeitgestaltung und zur gastronomischen Versorgung der Besucher der Landwirtschaftsausstellung sowie der Anwohner umgestaltet. Die ehemaligen Freilandausstellungsflächen wurden in die von Staudengärten umgebene Sommerblumenwiese verwandelt.

Die Parkwege umlaufen die großflächige, von Staudenrabatten und mächtigen Bäumen eingefasste Sommerblumenwiese und nehmen das Halbrund der Parkgaststätte auf. Durch die Staudenrabatten führen verwinkelte Plattenwege in der typischen Gestaltungsart der 1950er bis 1970er Jahre.

Die gärtnerische Umgestaltung der ehemaligen Gartenausstellungsflächen in einen Freizeit- und Erholungspark übernahm ab 1960 der Landschaftsarchitekt Günter Winkler. In nördlicher Richtung geht die Parklandschaft behutsam in den ca. 20 Hektar umfassenden Forstteil - das Dölitzer Holz - über, in östlicher Richtung erstreckt sich hinter der Mühlpleiße das agra-Ausstellungsgelände (heute agra-Veranstaltungsgelände).

Einschneidende Veränderungen erfuhr der agra-Park in den 1970er Jahren infolge des Vordringens zweier Tagebaue in das Markkleeberger Stadtgebiet. Auf einem schmalen Trassenkorridor zwischen den sich östlich und westlich ausbreitenden Großtagebauen wurden alle Straßenverbindungen, die Bahntrasse und auch die Pleiße künstlich zusammengedrängt. Die Schnellstraße verläuft seitdem mitten durch den Park auf einer 360 Meter langen und 24 Meter breiten Hochstraße. Viele Elemente des Herfurthschen Parks gingen mit der Flächeninanspruchnahme durch Hochstraße und begradigtem Flusslauf verloren und die gestalterisch angelegten Sichtbeziehungen zwischen den Architekturelementen der Parkanlage sind durch die aufgeständerte Straße und Schutzanpflanzungen verbaut.

Ab 1990 brach für die Parkanlage eine neue Zeitrechnung an. Die denkmalpflegerische Rahmenzielstellung für den Leipziger und den Markkleeberger Parkteil ist die Grundlage für die nun behutsame Wiederherstellung der historischen Parkanlage, die sukzessive Entwicklung der angrenzenden Parkflächen und den Kampf für die Tieferlegung der heutigen Hochstraße.